Ernährung von Korallen

Die Bedeutung von Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor für die Ernährung von Korallen in modernen Riffaquarien!

Die Versorgung von Korallen mit organischem Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor stellt einen Trend der Meerwasseraquaristik dar, welcher in letzter Zeit vermehrten Zulauf erfährt. Aquarianer berichten von besserem Wachstum und kräftigeren Farben. Aber kaum jemand kennt die Gründe hinter diesen Beobachtungen.

Im Folgenden möchte ich versuchen, einen kurzen Einblick in die Bedeutung dieser „Nährstoffe“ für das Wachstum der Koralle zu geben, und zu erklären, wie die Koralle diese Substanzen für sich nutzbar macht.

 

Wofür benötigen Korallen Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor?

Bereits 1934 entdeckte der Meereskundler Alfred Clarence Redfield, dass Phytoplankton für seine Zellen ein festes Verhältnis von Phosphor, Stickstoff und Kohlenstoff benötigt. Er entwickelte daraus das bekannte „Redfield-Verhältnis“ welches besagt, dass die Zellen des Phytoplanktons ein C-N-P Verhältnis von 106 Mol C : 16 Mol N : 1 Mol P haben.

 

Wofür benötigen die Zellen diese „Nährstoffe“?

Phosphor (P) kommt im Wasser größtenteils als Phosphat-Ion (PO4) vor.

Zellen benötigen u.a. große Mengen Phosphat, um Biomembranen aufzubauen. Aus diesen Biomembranen werden die Zellhülle als auch andere wichtige Funktionseinheiten gebildet.

Das Erbgut, die so genannte DNA (Desoxyribonucleinsäure), wird durch ein Zucker-Phosphat-Rückgrat zusammengehalten. Weiterhin benötigen die Zellen Phosphat, um den Energieträger ATP (Adenosintriphosphat) aufzubauen, welcher Energie innerhalb der Zelle verschickt und für alle Stoffwechselprozesse unverzichtbar ist.

ATP

Stickstoff (N) wird vor allem in so genannten „Nucleinsäuren“ verbaut. Das bekannteste Beispiel hierfür ist das Erbgut. Weiterhin wird Stickstoff für den Aufbau von Aminosäuren benötigt, aus denen dann komplexere Strukturen wie z.B. die Proteine gebildet werden können.

Kohlenstoff (C) ist ein oft unterschätzter „Nährstoff“. Doch betrachtet man das Redfield-Verhältnis, so sieht man, dass ein Großteil der Zelle aus Kohlenstoff aufgebaut ist. Kohlenstoff kommt so gut wie überall vor. Er bildet das Grundgerüst der DNA, der Aminosäuren oder auch der Biomembranen, um nur einige Beispiele zu nennen. Unser Leben beruht auf Kohlenstoffbasis. Auch wir Menschen bestehen zu ca. 28% aus diesem Element.

 

Wie nehmen Korallen die Nährstoffe auf?

Im natürlichen Lebensraum erhalten Korallen den größten Teil ihres organischen Kohlenstoffs, sowie Stickstoffs aus der Symbiose mit den Zooxanthellen (einer einzelligen Alge). Bei einigen Arten kommen auch so genannte „endolithische Algen“ vor, welche direkt im Kalkskelett leben. Durch die Umwandlung von Lichtenergie wird durch die Photosynthese Kohlenstoff in Form von Zucker gewonnen. Hierdurch wird Energie gespeichert, die durch den Stoffwechsel wieder nutzbar gemacht werden kann.

Stickstoff fixierende Cyanobakterien, welche ebenfalls in Symbiose mit vielen Koralle leben, versorgen den Polypen zudem mit Stickstoff aus dem freien Wasser. Auch Phosphat kann über die symbiotischen Algen und Bakterien aus dem freien Wasser aufgenommen werden.

Allerdings reicht die Aufnahme von Stickstoff und Phosphor aus dem sehr nährstoffarmen Wasser der Riffe nicht aus, um den gesamten Bedarf der Korallen zu decken.

Um diese „Lücke“ zu schließen, müssen sich die Korallen zusätzlich von partikulärer Nahrung, dem Plankton, ernähren, welches sie nachts aktiv fangen und anschließend verdauen.

 

Welche Konsequenz ergibt sich für die Aquaristik?

Wenn wir in unseren Aquarien „naturnahe“, das heißt sehr nährstoffarme Wasserparameter schaffen, dann erzeugen wir den zuvor beschriebenen Nährstoffmangel. Die Aufnahme von P und N aus dem Wasser reicht nicht aus, um den Bedarf der Korallen zu decken, woraufhin diese zusätzliche Nahrung benötigen, um die „Lücke“ zu schließen.

Die Verwendung von partikulärer Nahrung ist im Aquarium jedoch problematisch.

Das Futter befindet sich nicht sehr lange im freien Wasser, sondern wird entweder vom Filter oder dem Abschäumer entfernt oder in den Hohlräumen des Gesteins festgehalten. Die Korallen haben daher einfach nicht genügend Zeit, um das Futter effektiv zu verwerten. Unter umständen können sogar „Depots“ im Gestein entstehen, die die Wasserqualität langfristig, negativ beeinflußen können. Die Zersetzungsprozesse im Gestein oder Filter können Algen wachsen lassen oder zum Eindunkeln der Korallen führen.

Hinzu kommt, dass synthetische Futter meist sehr viel Stickstoff in Form von Nitrat beinhalten, welches von den Korallen nicht gut verwertet werden kann. Auch Phosphor ist in künstlichen Futtermischungen oft in Form von Polyphosphaten und organisch fest gebundenem Phosphor enthalten, welche schwerer aufgenommen werden können und vor der eigentlichen Verwertung unter Energieaufwendung „recycled“ werden müssen.

 

Gibt es eine Alternative zu partikulärer Nahrung?

Wie soeben beschrieben, sind Korallen dank ihrer Symbiosepartner in der Lage Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor direkt aus der Wassersäule nutzbar zu machen. Ein sehr gutes Beispiel für eine Produktgruppe, die die Bereitstellung dieser Nährstoffe ermöglicht, sind die Nutritions von ATI.

Eine gleichmässige Dosierung der 3 Nutritions führt zur Bereitstellung der einzelnen Nährstoffe im Redfield Verhältnis. Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor können also im gleichen Verhältnis bereitgestellt werden, wie es sonst nur durch die Verfütterung von Phytoplankton möglich wäre. Die „Ernährungslücke“ der Korallen lässt sich somit effektiv schließen.

Unangenehme Begeliterscheinungen, wie durch die Fütterung von partikulärer Nahrung hervorgerufen werden können, bleiben aus!

 

Aber warum sollte man auch Kohlenstoff dosieren?

Die Frage ist ganz einfach zu beantworten. Plankton enthält wie Redfield feststellte P, N und C. Wenn wir uns für eine flüssige Versorgung entscheiden, ist es notwendig das Stoffverhältnis des Planktons nachzuahmen.

Quellen für Kohlenstoff

Das Diagramm zeigt die Näherungswerte für die Nutzung unterschiedlicher Kohlenstoffquellen. Es ist festzustellen, dass Korallen im natürlichen Lebensraum nur ungefähr 60-70% des benötigten Kohlenstoffs aus der Fotosynthese gewinnen. Bis zu 40 % beziehen sie aus Plankton, gelösten organischen Verbindungen (GOM) und einigen freien Bakterien.

Daraus ergibt sich, dass wir bis zu 40% des Energiehaushaltes der Korallen durch künstliche C Quellen ersetzen sollten. Am einfachsten geht dies über eine flüssige Versorgung.

 

Nährstoffwerte senken über Kohlenstoff… Wie geht das denn?

Kohlenstoff ist nicht nur überall in der Zelle zu finden, sondern hat in der Form von „organischen Kohlenstoffverbindungen“ einen hohen Brennwert. Dieser Begriff ist bei Lebensmitteln bekannt und sagt im Grunde genommen nur aus, wie viel Energie in der Nahrung enthalten ist.

Dieser hohe Brennwert zeigt also, dass in organischen Kohlenstoffquellen viel Energie gespeichert ist. Diese ermöglicht genau wie bei uns Menschen ein gutes Wachstum.

In unseren Aquarien wird diese Energie von Mikroben, wie z.b. Bakterien, aber auch maßgeblich von den Korallen genutzt, um zu wachsen.

Jede Zelle, die neu gebildet wird, enthält angenähert an Redfield ein bestimmtes Verhältnis von Phosphor, Stickstoff und Kohlenstoff. Je mehr Wachstum es gibt, desto mehr Zellen werden gebildet, und desto mehr P, N und C wird verbraucht. Dadurch „fallen“, wenn kein Nachschub geliefert wird, die Nährwerte im Wasser.

Kohlenstoffquellen entfernen N und P also nicht in der Form eines „Adsorbers“, sondern ermöglichen es, diese sehr effektiv in Biomasse zu binden.

Stickstoff und Phosphor gehen also nicht „verloren“, sondern werden in wertvolle Nahrung und Energie für das System umgewandelt.

 

Fazit

Da wir in unseren Aquarien nicht die Nahrungsvielfalt des natürlichen Lebensraumes z.B. in Form von Plankton, welches automatisch das richtige CNP Verhältnis mitbringt, zur Verfügung stellen können, ist es um so wichtiger, eine entsprechende Versorgung über die freie Wassersäule zu ermöglichen.

Deshalb sind gelöste organische Verbindungen eine Gute (wenn nicht sogar die beste) Möglichkeit, die Ernährung und somit auch das Wachstum und die Farbausbildung zu optimieren.

Ein Beitrag von Marius Schumann für ATI

 
 

Literaturverzeichnis:

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